Ein punkiger Roman über Freundschaft, Musik und Nazis
»Ein sehr unterhaltsames Buch aus dem Leben einer Band.
Intelligent geschrieben mit ganz viel gutem Humor. Macht einfach Spaß zu Lesen.«
»Ich kann diesen Roman wärmstens empfehlen, es ist eine sehr amüsante und unterhaltsame Story aus der Musikerszene und wird nie langweilig.«
»Der richtige Lesestoff für alle die auf guten Humor und Unterhaltung stehen.«
Miete gestiegen - Bandkasse leer. Was nun? Die prinzipientreue Punkband »Die Hitler!« (englisch ausgesprochen) lässt sich auf ein einmaliges Booking als Tanzband ein. Leider bleibt es nicht bei diesem einen Mal. Schlimmer noch: Von Event zu Event kratzen die Auftraggeber näher am braunen Rand. Die Band wird schleichend zur angesagtesten Kapelle der rechten Szene. Als der Bandname mutiert, der Proberaumvermieter Bandmanager wird, der Tontechniker der Rolling Stones dazustößt und sich ein brandgefährlicher Provinznazi einmischt, eskaliert die Situation. Und dann ist da auch noch Emily Rössler und jede Menge Eierlikör. Das ganze Durcheinander, das am Ende nicht nur die Band ins dörfliche Exil zwingt, ist nur noch durch eine hochriskante und streng geheime Spezialoperation lösbar.
LESEPROBE 1
Jebb pult mit dem Zeigefinger an einer Eierpappe, die so aussieht, als sei sie vor mehr als tausend Jahren zusammen mit einer Milliarde weiterer Eierpappen an die Wand des Proberaums geklebt worden. Wahrscheinlich mit billigem Leim, denkt er. Optisch unterscheidet sich das Eierpappenensemble von italienischem Interieur, wie die Nordlichter von einem breitgetretenen Hundekackhaufen. Zwar steht nirgendwo geschrieben, dass Eierpappenwände ästhetisch ansprechend gestaltet sein müssen, die hier vorliegende Wall of Shame ist aber ein besonders negatives Beispiel menschengemachter Wandverkleidungen. Das ganze Kunstwerk sieht aus, als sei es von einem geisteskranken Inneneinrichter unter dem Einfluss halluzinogener Drogen, während eines Schneesturms angetackert worden. Blöderweise ist dieser Inneneinrichter Jebb selbst gewesen. Zu einer anderen Zeit, mit einer anderen Meinung. Die von ihm angepulte Eierpappe hat die Farbe Kack-Beige und die Konsistenz von feuchtem Lehm. Der Matsch hängt elendig an seinem Fingernagel.
»Eierpappen haben ein großartiges Dämmverhalten und verwandeln einen kahlen Raum in ein klanglich ansprechendes Umfeld.«
So hatte es Jebb vor Jahren in einem Userforum im Internet gelesen, in dem sich ganz offensichtlich unzurechnungsfähige Proberaumnutzer über Taktiken des Akustikbaus austauschten.
»Absoluter Kackdünnschiss!«
So richtig absolut und so richtig kackdünnschissig. Eierpappen haben nichts mit Akustik und Innenräumen zu tun. Bands in Eierpappenräumen sind Versagerbands. Jebb stellt sich vor, wie es wäre, wenn Greenday nach wie vor in einem solchen Proberaum gastieren würde.
»Ey, hast du gehört? Greenday spielen ein exklusives Proberaumkonzert für ihre treuesten Fans!«
»In diesem Raum, in dem die Eierpappen an den Wänden kleben?«
»Ja!«
»Arschlöcher! Verjagt sie aus der Stadt!«
LESEPROBE 2
»Guten Tag! Selbstverständlich können wir Ihnen alles liefern, was Sie für Ihr Projekt oder das anstehende Engagement benötigen.«
Der Verkäufer kramt ein paar Sekunden unter dem Tresen und holt einen Katalog hervor. Eine mit einem grünen Post-it markierte Seite wird aufgeschlagen, auf der sich eine Welt aus Lautsprecherboxen eröffnet.
»Da wird einem ja ganz warm ums Herz. Genau dit meine ich!«
»Mein Name ist übrigens Hellmann, Herr Schmidt. Jochen Hellmann. Guten Tag.«
Schmidt wendet seinen Blick nicht von den Boxentürmen ab, gibt Hellmann aber seine schlappe und schwitzige Hand.
»Ick habe davon ja keine Ahnung. Such mir mal bitte ’ne Anlage raus, mit der wir, sagen wir mal, um die tausend Personen so richtig einheizen können.«
Hellmann blättert zwei Seiten weiter und spielt den Tontechnik-Profiler (»Sooo, Moment, Moment. Gleich habe ich es. Moment. Aaah ja.«), bis er schließlich mit dem Zeigefinger auf eine Subwoofer-Midrange-Boxenkombination der Firma HK zeigt.
»Die hier. Kann ich wärmstens empfehlen. Ein ganz toller Klang, ein signifikant hoher Schalldruck und trotzdem nicht allzu schwer. Wir haben bei dieser HK-Anlage also getrennte Lautsprecher für die tiefen Frequenzen und die mittleren und hohen Frequenzen.«
»HK? Is dit Heckler und Koch? Dachte, die machen nur Knarren.«
»Nein. Das hat nichts mit Heckler und Koch zu tun und auch nichts mit Schusswaffen. Es handelt sich bei HK um die Firma Hughes & Kettner. Wenn es diese Anlage schon vor fünfzig Jahren gegeben hätte, hätten die Rolling Stones garantiert damit ihre ersten großen Shows gespielt. Wie Yoda sagen würde: Damit ist die Macht stets mit Ihnen!«
Hellmann lacht leise, bemerkt dann aber schnell, dass Schmidt anscheinend kein Star-Wars-Fan ist und entsprechende Witze ins Leere laufen. Schmidt streift die Gelhaare nach hinten und grummelt leise vor sich hin.
»Rolling Stones. Verstehe, verstehe. Dit sind doch die mit ›Papa was a Rolling Stone‹, oder? Jut. Nehmen wir. Wat kostet der Spaß?«
LESEPROBE 3
Emily trägt dunkelblaue enge Jeans, Chucks, ein weinrotes Shirt und eine etwas zu kurze Jeansjacke mit unleserlichen Bandprints darauf. Undercut, blond, Pferdeschwanz und dazu passendes Rockabilly-Makeup wie aus einem Katalog. Marquess nimmt sich vor, auf gar keinen Fall seine pseudospanische Strandbar-Torero-Art auszupacken. Bei schnellen Nummern ist die hilfreich, heute geht es aber um viel mehr. Er schließt die Augen und sagt zu sich selbst: »Verkack es nicht!«. Augenblicke später steht er vor ihr. Mit anfänglichem Kloß im Hals begrüßt er sie.
»¡Hola! Cómo estás?«
Verdammte Axt. Das hat ja gut geklappt mit dem natürlichen Gestus. Emily springt hastig auf und umarmt Marquess wie einen Freund, den man Jahre nicht gesehen hat. Arm in Arm müssen beide aufpassen, nicht vom schmalen Bürgersteig zu kippen, sind doch die Lüchower Fußgängerwege nicht unbedingt breit angelegte Promenaden. Zwischen der Fensterscheibe des Cafés und dem Gullideckel der Straße liegen maximal zwei Meter.
»Hey, so schön, dich zu sehen, Marquess!«
»Si, Si! Finde ich auch, Emily!«
Beide brauchen eine Weile, ehe sie die Umarmung lösen können. Welche Strategie soll Marquess jetzt fahren? Die Begrüßung ist seinerseits schon mal komplett anders gelaufen, als er geplant hatte. Wie weitermachen? Sofort aufs Ganze gehen? Sofort Zunge in den Rachen oder abwarten und erst einmal über Kafka und den Klimawandel sprechen?
»Wollen wir uns hinsetzen?«, schlägt Emily vor.
Oder so. Lässig lässt sich Emily auf ihren Stuhl nieder. Marquess hat Probleme damit, seinen Plastikstuhl so zu positionieren, dass weder sein Knie am Tisch schrammt noch eines der Stuhlbeine sich in den Rillen der ehemaligen Kohleeinwurfsluke vor dem Café verfängt. Wahnsinnig ungelenk wirkt die ganze Aktion, James Dean hätte die Problematik sicherlich um Welten souveräner gelöst. Ganz klar fehlt auf dem Y-Chromosom die Abteilung »elegant hinsetzen«. Emily beobachtet ihr Gegenüber amüsiert.
»¡Hostia! Das war kompliziert mit dem Stuhl. Also das Bein hat sich hier wegen des Dings … ach egal.«
Was für ein idiotischer Auftakt einer geplant intelligenten Unterhaltung. Eigentlich war ja Belletristik geplant.
Copyright 2023 | ERIC KRÜGER | IMPRESSUM | DATENSCHUTZ